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Nach einigen Minuten müssen wir uns zwischen Mauern hindurchzwängen, dann folgt ein enger Backsteingang. An den Wänden sind glibberige schwarze Flecken zu sehen, die sich bewegen, wenn Flüssigkeit von oben herabfließt. Zu allem Überfluss tropft auch noch irgendetwas von der Decke. Ich kämpfe einen Moment mit mir, versuche den Gestank erneut auszublenden, aber ein heftiges Würgen überfällt mich.

Terzan bleibt schlagartig stehen, sodass ich fast gegen ihn laufe. „Ich habe etwas gefunden“, erklärt er und beugt sich nach unten. „Hier liegt etwas.“ Er hebt ein kleines Teil vom Boden auf, und Pluto leuchtet es mit der Taschenlampe an. Terzan stößt einen erstickten Schrei aus und lässt das Ding auf den Boden fallen. „Ist das ein Stück Fleisch?“, stößt er entsetzt hervor.

„Scheiße, das sah total frisch aus“, sagt Pluto mit belegter Stimme. Die Taschenlampe wirft zitternde Spinnweben an die Wände, und von irgendwo kriecht ein riesiger Schatten an der Decke langsam auf mich zu. Ich blinzle und ducke mich, und der Schatten verschwindet. „Maria? Hast du das auch gesehen?“

Maria drückt sich so dicht an die Wand, als wollte sie hineinkriechen. „Ich konnte nicht lange hinsehen“, sagt sie, „aber wahrscheinlich willst du hören, ob ich etwas darüber weiß, hm?“

Ich nicke.

„Die Neuen wurden immer mit Fackeln ins Labor gebracht. Es ist eine Prozession. Rico hat das Wort Prozession verwendet.“

„Sie sind hier in der Nähe, vielleicht hinter der nächsten Biegung. Womöglich laufen wir direkt auf sie zu.“ Ich flüstere, will schneller sprechen, verschlucke dann aber die letzten Worte und schnappe mühsam nach Luft. Wenn wir nicht bald wieder an die frische Luft kommen, wird es schwierig.

[…]

Wieder sind wir in einer Röhre gelandet, die scheinbar endlos ist. Wir drehen alle vorsichtig die Köpfe, denn die Decke ist bedrohlich nah über uns. Noch können wir aufrecht stehen. Plötzlich sind in einiger Entfernung Geräusche zu hören.

„Scheiße“, flüstert Maria hektisch und hält sich die Ohren zu. „Sie kommen.“

Stimmen. Das sind unverkennbar Stimmen, noch dazu klingen sie sehr aggressiv. Omegas Leute? Bestimmt sind es Omegas Leute.

„Los, schnell weiter“, flüstert Pluto und hastet schwerfällig den Gang entlang. Wir folgen ihm, so gut wir können. Hastig stütze ich mich an der Wand ab, laufe schneller, dann rennen wir, wollen nur noch weg von diesen Stimmen, weiter in die sich vor uns ausbreitende Dunkelheit. Irgendjemand vor mir atmet schwer, und ich denke an meine Beine, laufe wie automatisch. Nur jetzt nicht einknicken. Doch was ist da vorne? Da sind doch auch … Pluto bleibt abrupt stehen. Ein kleines Rinnsal rieselt von der Decke herab, Tropfen platschen ohrenbetäubend in die Flüssigkeit auf dem Boden.

Maria zeigt in die Richtung, in die wir gehen wollen. „Da sind sie auch“, stößt sie gepresst hervor.

„Wir sind eingekreist, oder?“, zischt Terzan.

Pluto schaut nach vorn, nach hinten, wieder nach vorn. „Zurück, schnell“, befiehlt er, und wir hasten mit eingezogenen Köpfen zurück durch die Röhre. Ich stolpere direkt hinter Pluto her, rutsche fast aus, versuche dennoch, schneller zu werden, keuche. Meine Füße schmerzen, und in der linken Hüfte spüre ich ein Stechen. Nur noch einige Meter, verdammt. Auf dem Rückweg sieht alles ganz anders aus. Endlich stehen wir wieder an der Stelle von eben.

„Omega!“, hallt es aus einiger Entfernung zu uns herüber, „Ehre“, höre ich, „Ehre sei Omega.“ Doch bei anderen Worten ist der Hall so stark, dass nichts zu verstehen ist. Verdammt, weit entfernt können sie nicht mehr sein.

Ausschnitt aus Kapitel 28

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